Der European Accessibility Act (EAA) ist ein wichtiger Schritt, um Waren und Dienstleistungen für alle, einschließlich Menschen mit Behinderung, besser zugänglich zu machen. Das Gesetz wird tiefgreifende Auswirkungen auf den Online-Handel haben und dafür sorgen, dass digitale Einkaufsplattformen für eine breitere Kundengruppe zugänglich sind. Darüber hinaus hat es weitreichende Konsequenzen für globale Unternehmen, die auf europäischen Märkten aktiv sind. Der EAA schreibt Barrierefreiheit auf allen digitalen Plattformen vor und verpflichtet lokale und internationale Unternehmen Anpassungen für ein inklusiveres, intuitiveres und benutzerfreundlicheres Kauferlebnis weltweit vorzunehmen.
Hier erfahren Sie, wie der EAA das Online-Kauferlebnis in Europa und weltweit verändern wird.
Worum geht es beim European Accessibility Act (EAA)?
Mit dem European Accessibility Act (EAA) hat die Europäischen Kommission eine Strategie verabschiedet, um Marginalisierung entgegenzuwirken und ein ausgewogeneres Umfeld zu schaffen. Es handelt sich um ein umfassendes Gesetzeswerk, das mehr Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung schaffen soll. Das Gesetz deckt viele Bereiche wie den E-Commerce ab und verpflichtet Unternehmen dazu, ihre digitalen Plattformen an die Standards für Barrierefreiheit anzupassen. Ziel ist es, allen Menschen den gleichen Zugang zu online angebotenen Informationen, Produkten und Dienstleistungen zu bieten.
Im Wesentlichen ist der European Accessibility Act ein bahnbrechendes Gesetz für eine inklusivere Gesellschaft. Seine Auswirkungen sind weitreichend und kommen nicht nur Menschen mit Behinderungen zugute, sondern auch älteren Menschen, Menschen mit vorübergehenden Beeinträchtigungen und der gesamten Gesellschaft. Der EAA räumt Hürden aus und fördert Barrierefreiheit. Damit trägt er entscheidend dazu bei, die Rechte und Würde aller Menschen zu achten und Chancengleichheit für alle Menschen in unserer modernen Gesellschaft zu gewährleisten.
Menschen mit Einschränkungen im Online-Handel
Die meisten Menschen benutzen ihr Telefon oder ihren Computer, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. Doch für die 135 Millionen marginalisierter Menschen mit Einschränkungen im europäischen Raum ist das, was für andere selbstverständlich ist, ein täglicher Kampf. Sie werden oft übersehen und haben Schwierigkeiten, auf die Tools und Services zuzugreifen, die ihnen das Leben einfacher machen und alle näher zusammenbringen sollten.
Der E-Commerce sollte eigentlich eine Brücke von einem schlechten Kauferlebnis zu einem besseren schlagen. Laut Forbes fühlten sich jedoch 65 % der Verbraucher mit Behinderung in ihrer Kaufentscheidung wegen unzureichender Barrierefreiheit eingeschränkt und 43 % verzichteten auf Online-Shopping oder persönliche Einkäufe aufgrund schlechter Designs und anderer schwer überwindbarer Barrieren.
Dazu kommt, dass Menschen mit Behinderung doppelt so häufig online einkaufen wie der Rest der Bevölkerung. Aus einer Umfrage geht hervor, dass 24 % wöchentlich und 3 % täglich im Internet einkaufen. Bei ihren Online-Einkäufen hat Barrierefreiheit für sie oberste Priorität. Erst dann folgen Produktvielfalt und Preis. Dementsprechend gaben 36 % an, dass sie Websites mit einer besseren Barrierefreiheit bevorzugen, auch wenn sie dort nicht die günstigsten Preise erhalten. Viele andere brauchen Hilfe, um einen Kauf abzuschließen, und manche brechen Transaktionen sogar ganz ab.
Wenn Menschen mit Behinderung eine Transaktion nicht abschließen können, behalten sie es nicht für sich. Aus der gleichen Umfrage geht hervor, dass:
- 20 % sich direkt an das Unternehmen wenden,
- 11 % eine Bewertung abgeben und
- 8 % ihren Frust in den sozialen Medien kommunizieren.
Doch leider werden diese Versuche, Unterstützung und Feedback zu erhalten, häufig ignoriert und bleiben ungehört, unbeantwortet und ungelöst.
Der Online-Handel übersieht dabei jedoch eine entscheidende Tatsache: Menschen mit Behinderung verfügen weltweit über eine enorme Kaufkraft. Allein im Vereinigten Königreich trägt diese Kundengruppe zu jährlichen Ausgaben von 270 Milliarden Pfund bei. Man geht davon aus, dass Menschen mit Behinderung weltweit über ein Einkommen von 8 Billionen US-Dollar pro Jahr verfügen und sogar über 13 Billionen US-Dollar, wenn man ihre Freunde und Familien mitzählt. Allein schon aufgrund dieser Zahlen sollten Unternehmen daran interessiert sein, ihre E-Commerce-Websites zu verbessern und die Entwicklung hin zu mehr Barrierefreiheit zu fördern, um den EAA einzuhalten.
Diese Bevölkerungsgruppe zu ignorieren ist nicht nur eine verpasste Chance, sondern ein teurer Fehler. Auch wenn konkrete Bußgelder für die Nichteinhaltung der Bestimmungen noch nicht endgültig festgelegt sind, drohen Unternehmen dennoch finanzielle Strafen. Wenn Unternehmen dieses wichtige Marktsegment ignorieren, grenzen sie zudem eine große Gruppe potenzieller Kunden aus und vernachlässigen einen großen Markt, der einbezogen werden möchte.
Wer profitiert vom EAA?
Der EAA soll die schätzungsweise 80 Millionen Menschen im europäischen Raum unterstützen, die in irgendeiner Form eine Behinderung haben. Diese Menschen stoßen oft auf Hindernisse beim Zugang zu Produkten und Dienstleistungen, der für viele selbstverständlich ist. Von Schwierigkeiten bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bis hin zu Herausforderungen beim Zugang zu digitalen Plattformen und Services versucht der EAA, Barrierefreiheit zu einem Standard zu machen, statt nachträglich an Maßnahmen zu denken. Dieses Gesetz schreibt vor, dass Dienstleistungen und Produkte wie Smartphones, Computer, E-Books und E-Commerce-Plattformen für alle zugänglich sein müssen, um Menschen mit Behinderungen nicht auszuschließen.
Nicht nur körperliche Behinderungen
Der EAA unterstützt aber nicht nur Menschen mit körperlichen Behinderungen, sondern auch mit sensorischen Beeinträchtigungen wie ein eingeschränktes Hör- oder Sehvermögen. Für diese Menschen bedeutet das Gesetz einen verbesserten Zugang zu digitalen Inhalten, wenn sich die Bestimmungen für Untertitel, Gebärdensprache und Audiodeskription immer mehr durchsetzen. Das öffnet ihnen eine Welt der Information und Unterhaltung, die zuvor weniger zugänglich war, und fördert eine inklusivere Gesellschaft, in der Informationen für alle verfügbar sind.
Auch ältere Personen können erheblich vom EAA profitieren. Mit zunehmender Alterung der Bevölkerung werden auch mehr Menschen in ihrer Mobilität und ihrem Seh- und Hörvermögen eingeschränkt sein. Allein in Deutschland sind 44 % der Gesamtbevölkerung über 50 Jahre alt. Die von der EAA eingeführten Vorgaben zur Barrierefreiheit werden es den Menschen leichter machen, unabhängig zu bleiben und weiterhin voll am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, vom Online-Einkauf bis zum Zugang zu öffentlichen Diensten.
Darüber hinaus unterstützt der EAA auch Menschen mit mentalen Problemen und Lernschwierigkeiten wie ADHS und Defizite bei der Lese- und Sprachkompetenz sowie mit vorübergehenden Behinderungen wie einem ruhiggestellten Arm oder vorübergehendem Sehverlust. Alle diese Menschen stoßen im Alltag und beim Zugang zu Informationen auf unterschiedliche Barrieren. Daher sind inklusives Design und Praktiken, die die vielfältigen Bedürfnisse und ein weites Spektrum an Handlungsfeldern berücksichtigen, so wichtig.
Wann tritt der EAA in Kraft?
Der EAA soll am 28. Juni 2025 in Kraft treten und lässt Unternehmen viel Zeit, um ihre Abläufe zu verbessern und dafür zu sorgen, dass ihre Plattformen für alle Nutzer voll zugänglich sind. Dieser bewusst großzügig gewählte Zeitrahmen erleichtert eine reibungslose Umstellung und ermöglicht es, die erforderlichen Anpassungen Schritt für Schritt einzuführen. So können alle Beteiligten ihre Dienstleistungen und Produkte angemessen und ohne Zeitdruck vorbereiten und anpassen.
Dieser systematische Ansatz ist wichtig, um die Integrität und Effektivität der verbesserten Barrierefreiheit zu gewährleisten. Er unterstreicht das Engagement für Inklusion und stellt sicher, dass der EAA bei seinem Inkrafttreten sinnvolle und gut integrierte Verbesserungen für alle Nutzer – und vor allem Menschen mit Behinderung – umfasst und so ein inklusiveres digitales Umfeld fördert.
5 Vorteile des European Accessibility Act für E-Commerce-Unternehmen
E-Commerce-Unternehmen profitieren durch den EAA von diesen Vorteilen:
- Breitere Zielgruppe: Wenn Unternehmen ihre Websites barrierefrei gestalten, können sie ein größeres Marktsegment erschließen, darunter einen von vier Erwachsenen in der EU mit einer Behinderung. Ein so erweiterter Stamm an potenziellen Kunden kann zu mehr Traffic und schließlich zu mehr Umsatz führen.
- Mehr Conversions: Bedienungshilfen wie Alt-Text für Bilder und Sprachnavigation helfen nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern verbessern das Benutzererlebnis insgesamt. Eine übersichtlichere und benutzerfreundlichere Website zieht mehr Besucher an und sorgt dafür, dass sie länger bleiben, was die Wahrscheinlichkeit von Conversions erhöht. Unternehmen, die Barrierefreiheit eine hohe Priorität einräumen, sind besser als ihre weniger barrierefreien Mitbewerber aufgestellt, um sich ihren Anteil an unglaublichen 6,9 Milliarden US-Dollar pro Jahr zu sichern.
- Verbessertes Benutzererlebnis und höhere Zufriedenheit: Ein besseres Benutzererlebnis führt zu höherer Kundenzufriedenheit. Durch den Wegfall von Barrieren profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern die ganze Bevölkerung. Benutzerfreundliche und barrierefreie Websites werden eher mehrmals besucht und weiterempfohlen. Dieses positive Benutzererlebnis kann die Kundentreue stärken und den Ruf der Marke verbessern.
- Verbesserte SEO: Suchmaschinen bevorzugen Websites, die für eine breitere Zielgruppe zugänglich sind. Durch Einhaltung des EAA können E-Commerce-Plattformen ihr Suchmaschinen-Ranking optimieren und ihre Produkte und Dienstleistungen für potenzielle Kunden besser sichtbar machen.
- Positives Markenimage: Das Engagement für Barrierefreiheit zeigt die soziale Verantwortung des Unternehmens und stärkt das Image der Marke. Unternehmen, die Wert auf Inklusion legen, gelten als vertrauenswürdiger und zukunftsorientierter und ziehen Kunden an, die ethische Werte und Inklusion schätzen.
Wie können Unternehmen die Vorgaben des EAA einhalten?
Es ist eine große Herausforderung für Unternehmen, alle digitalen Plattformen, egal ob umfassende Website, einfache Landing Page oder Online-Shop, barrierefrei zu machen. Das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Es müssen Ressourcen zugewiesen werden, die für die Einhaltung der Vorgaben verantwortlich sind und dafür sorgen, dass das Konzept zukunftsfähig ist.
In jedem Fall sollten Unternehmen darüber nachdenken, in Lösungen mit diesen Möglichkeiten zu investieren:
- Anreichern von Produktinformationen: Auf dem Online-Marktplatz führen schlechte Produktbeschreibungen häufig zu Umsatzeinbußen. Darüber hinaus können unklare und unleserliche Produktbeschreibungen auch den Ruf eines Unternehmens beeinträchtigen. Für viele Unternehmen ist es eine Herausforderung, umfangreiche Produktinformationen zu verwalten. Hier kann eine Lösung helfen, mit der Informationen zentral angereichert werden können.
- Multi-Channel-Verteilung: Häufig konzentrieren sich Unternehmen beim Thema Barrierefreiheit nur auf einen einzigen Kanal und verlieren die anderen aus dem Blick. Doch sowohl Menschen mit Behinderung als auch die breite Öffentlichkeit nutzen viele unterschiedliche Kanäle und Plattformen. Uneinheitliche Informationen auf mehreren Kanälen können Käufer abschrecken. Daher ist es wichtig, eine Lösung zu implementieren, die den Austausch von erweiterten Produktinformationen und digitalen Assets auf unterschiedlichen Plattformen optimiert und so eine umfassende Compliance gewährleistet.
- Hochwertige anpassbare Inhalte: Für einen barrierefreien Zugang ist es wichtig, dass hochauflösende Bilder und Videos klar bleiben, wenn sie vergrößert werden. Das ist wichtig für Benutzer, die vergrößerte Inhalte, größere Textgrößen oder vereinfachte Layouts benötigen, sowie für alle, die darauf angewiesen sind, die Audiolautstärke einfach anpassen zu können. Dazu braucht es eine Lösung, die das Verwalten barrierefreier multimedialer Inhalte vereinfacht.
- Compliance-Dokumentation: Um die Vorgaben des EAA einzuhalten, müssen alle Maßnahmen zur Optimierung der Barrierefreiheit für Assets sowie das Datum der Anpassungen detailliert dokumentiert werden. Diese Dokumentation spielt eine wichtige Rolle bei internen Audits und beim Nachweis der Einhaltung von EAA-Standards. Ein System, das den gesamten Lebenszyklus von Asset-Anpassungen überwacht, erleichtert die konstante Einhaltung von Vorgaben und die Umsetzung neuer Bestimmungen.
- Feedback-Schleife: Durch die Integration von Feedback-Mechanismen können Unternehmen das Feedback ihrer Nutzer für mehr Barrierefreiheit konsequent verfolgen und umsetzen. Dieser kontinuierliche Verbesserungszyklus kann mit Lösungen, die integrierte Funktionen zum Feedback-Management bieten, effizient verwaltet werden.
Darüber hinaus müssen sich Organisationen auf technische Aspekte konzentrieren und sich aktiv um Barrierefreiheit bemühen, indem sie die folgenden Schritte unternehmen:
- Durchführung von Audits zur Barrierefreiheit: Die Web Content Accessibility Guidelines 2.1 (WCAG 2.1) wurden erstellt, um die Barrierefreiheit von Websites und digitalen Inhalten für Menschen mit vielfältigen Behinderungen zu gewährleisten. Unternehmen können Experten damit beauftragen, ihre E-Commerce-Plattformen entsprechend diesen Richtlinien eingehend auf Barrierefreiheit zu prüfen. Solche Audits zeigen bestehende Barrieren auf und weisen auf Bereiche mit Verbesserungspotenzial hin, um den EAA-Standards zu entsprechen.
- Implementierung von KI-Lösungen: Unternehmen können mit KI-Technologie klare Produktbeschreibungen erstellen, damit Menschen mit kognitiven Einschränkungen Zugang zu Informationen bekommen. Darüber hinaus hilft KI dabei, die Überprüfung auf Barrierefreiheit und Umsetzung entsprechender Änderungen zu automatisieren.